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Das positive Myon als magnetische Sonde

Das Myon tex2html_wrap_inline5347 und sein Antiteilchen, das tex2html_wrap_inline5349, gehören innerhalb des Standardmodells der Elementarteilchen zur Familie der Leptonen, und bilden zusammen mit den zugehörigen Neutrinos tex2html_wrap_inline5351 deren zweite Generation. Als geladenes Spin-1/2-Teilchen besitzt es ein magnetisches Moment tex2html_wrap_inline5353. Wie sein leichterer Vetter der ersten Generation, das Elektron tex2html_wrap_inline5355 (bzw. Positron tex2html_wrap_inline5357) gilt es als punktförmiges Elementarteilchen ohne Substruktur. Im Gegensatz zu diesem ist es jedoch nicht stabil und zerfällt mit einer mittleren Lebensdauer von tex2html_wrap_inline5359s über die schwache Wechselwirkung.

Die in dem berühmten Experiment von Wu et al. [Wu 57] erstmals nachgewiesene Paritätsverletzung beim schwachen Zerfall (tex2html_wrap_inline5361-Zerfall von Co60) konnte wenig später durch Garwin, Lederman und Weinrich [Gar 57] auch in der Zerfallskette tex2html_wrap_inline5365 nachgewiesen werden. Sie beobachteten die Spinpolarisation des Myons beim Pionenzerfall und die Anisotropie der Zerfallspositronen beim anschließenden Myonenzerfall und erkannten schon damals, daß dies, zusammen mit dem großen magnetischen Moment des Myons, die Möglichkeit eröffnet, Myonen als Sonden zur Untersuchung magnetischer Festkörpereigenschaften einzusetzen.

Aufgrund ihrer elektrischen Ladung zeigen positive und negative Myonen jedoch ein vollkommen unterschiedliches Verhalten im Festkörper:

Negative Myonen tex2html_wrap_inline5347
werden vom Kernpotential auf hohen Bohrschen Bahnen eingefangen und regen sich durch Strahlungsemission (Röntgenbereich) bis zum 1Stex2html_wrap_inline5369-Grundzustand ab. Dabei verlieren sie einen Großteil ihrer Spinpolarisation. Im Gegensatz zum Elektron befindet sich das Myon wegen der größeren Masse (tex2html_wrap_inline5371) nun jedoch in Kernnähe, für große Kernladungszahlen sogar innerhalb des Kernvolumens. Dort wird es relativ schnell eingefangen und besitzt infolgedessen eine wesentlich geringere Lebensdauer als im freien Zustand. Negative Myonen spielen eine große Rolle für kernphysikalische, nicht jedoch für festkörperphysikalische Untersuchungen gif. Sie sollen deshalb nicht weiter behandelt werden.

Positive Myonen tex2html_wrap_inline5349
zeigen im Festkörper ein ähnliches Verhalten wie Htex2html_wrap_inline5377-Ionen (tex2html_wrap_inline5379). Sie werden durch Ionisationsprozesse abgebremst und kommen aufgrund ihrer Ladung bevorzugt an Zwischengitterplätzen zur Ruhe.
Ihre Spinpolarisation bleibt dabei größtenteils erhalten gif. Die Wechselwirkung mit dem lokalen, magnetischen Feld tex2html_wrap_inline5387 und dessen Verteilung gif tex2html_wrap_inline5393 an interstitiellen Gitterplätzen macht das positive Myon zu einer herausragenden Sonde magnetischer Festkörpereigenschaften.

Im folgenden soll auf die Grundlagen der µSR-Meßmethode nur insoweit eingegangen werden, als es für das Verständnis der durchgeführten Experimente nötig ist. Ausführlichere Behandlungen finden sich in den Büchern [Cha 84], [Sch 85] und den Übersichtsartikeln [Bre 78], [Den 79], [Kar 82], [See 78], [Hay 79]. Eine besondere Fundgrube der vielseitigen Anwendungsmöglichkeiten und Neuheiten stellen die Berichte der µSR-Konferenzen dar: [µSR 78], [µSR 80], [µSR 83], [µSR 86], [µSR 90], [µSR 93].Die folgende Tabelle gibt eine kurze Übersicht über die Teilcheneigenschaften des Myons.

  table135
Table: Einige Eigenschaften des Myons
(tex2html_wrap_inline5399 bzw. tex2html_wrap_inline5401 ist dabei die Masse des Elektrons bzw. Protons,
tex2html_wrap_inline5403 das Bohrsche Magneton und tex2html_wrap_inline5405 das magnetische Moment des Protons.)


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ernst schreier
Fri Mar 14 11:46:58 MET 1997