Der kritische Bereich von Gadolinium sollte aufgrund der großen, in der inneren 4f-Schale lokalisierten, magnetischen Momente und der Tatsache, daß die Gd-Ionen sich in einem kugelsymmetrischen -Zustand befinden, im Prinzip besser durch die Theorie eines Heisenberg-Ferromagneten mit isotroper Austausch-Wechselwirkung beschrieben werden, als z.B. die teilweise itineranten Ferromagneten Fe und Ni.
Da Gadolinium andererseits eine nichtkubische, hexagonale Gitterstruktur
besitzt und unterhalb eine uniaxiale Spinordnung entlang der
c-Achse aufweist, ist ebenso ein kritisches Verhalten gemäß des
anisotropen Ising-Modells wie z.B. in MnF denkbar.
Welches Modell für die Beschreibung von Gadolinium geeignet ist, sollte durch Bestimmung der statischen, kritischen Exponenten gelöst werden. Eine Übersicht der Ergebnisse früherer Messungen an paramagnetischen Gd zeigt Tabelle .
Table: Experimentell bestimmte, statische Exponenten für Gd
Der untersuchte Temperaturbereich beschränkte sich
durchweg auf den Bereich ,
außer [Gel 89]: )
Der negative Wert des Exponenten der spezifischen Wärme ,
und die hohen Werte des Exponenten der Magnetisierung
deuten auf isotropes Heisenberg-Verhalten hin.
Die niedrigen Werte des Exponenten der Suszeptibilität
kommen hingegen den Vorhersagen des anisotropen Ising-Modells nahe.
Weitere Hinweise für ein anisotropes Verhalten nahe lieferten die
Suszeptibilitätsmessungen von Graham [Gra 65],
Wantenaar et al. [Wan 84] und Geldart et al. [Gel 89],
Neutronenstreu-Experimente von Child [Chi 78],
und die Beobachtung von Molho et al.
[Mol 83], daß Domänenwände bei Annäherung an
einen Übergang von Bloch- zu Ising-Charakter zeigen.
Eine Überprüfung der beobachteten Werte durch das Skalengesetz
, welches für konsistente Exponenten
zumeist eine hervorragende Übereinstimmung mit dem Experiment liefert,
zeigt für Gadolinium eine überaus starke Abweichung:
Dies legt die Vermutung nahe, daß Gadolinium weder durch ein reines
Heisenberg- noch ein reines Ising-Modell beschrieben werden kann,
sondern Störungen, wie z.B. dipolare Wechselwirkungen, auftreten,
die das kritische Verhalten beeinflussen.
Erst in jüngster Zeit zeichnet sich ein konsistentes, experimentelles Bild des statischen Verhaltens ab [Gel 89], [Ali 89]: Die oben beschriebenen, scheinbar gegensätzlichen Beobachtungen scheinen in magnetischen Dipol-Dipol-Wechselwirkungen begründet zu liegen. Diese langreichweitigen Wechselwirkungen sollen verantwortlich sein für einen Übergang (Cross-Over) von isotropem zu dipolar-dominiertem Heisenberg-Verhalten im Temperaturbereich K (). Bei weiterer Annäherung an die Ordnungstemperatur findet sich ein weiterer Übergang ( K bzw. ) zu anisotropem Ising-Verhalten [Fuj 87], [Gel 89].