Die SR (Myonen-Spin-Rotation und -Relaxation)
ist eine Meßmethode der nuklearen Festkörperphysik und leistet neben
Mößbauer-Spektroskopie, gestörter
-
-Winkelkorrelation,
ferromagnetischer Resonanz und Neutronenstreuung
einen wichtigen Beitrag zur Erforschung mikroskopischer,
magnetischer Eigenschaften von Festkörpern
(Grundlagen der
SR-Meßmethode werden in Kap.
kurz besprochen.).
Im Gegensatz zu Kernsonden besitzt das Myon keine polarisierbare
Elektronenschale und mißt das lokale Magnetfeld direkt, zudem
im Zwischengitterbereich und besitzt deshalb entscheidende Vorteile:
Es ist sensitiv für das Dipolfeld der umgebenden, magnetischen Momente
und hervorragend geeignet, selbst geringe Änderungen der
räumlichen Spinanordnung, wie z.B. Spindrehungen
(siehe ferromagnetischer Bereich von Gadolinium, Kap. )
aufzuzeichnen.
Im Gegensatz zur elastischen Neutronenstreuung können kurzreichweitige,
magnetische Ordnungen z.B. im Bereich des magnetischen Phasenübergangs
registriert werden.
Die hier auftretenden Spinfluktuationen können beobachtet
werden, und zwar für Relaxationszeiten, die anderen Methoden nicht
zugänglich sind. Darüberhinaus eröffnet die
SR die Möglichkeit,
Messungen im paramagnetischen Bereich ohne äußeres Magnetfeld
durchzuführen (siehe paramagnetischer und kritischer Bereich von Gadolinium,
Kap.
).
Das Studium magnetischer Eigenschaften unter Anwendung äußeren Drucks
wurde jedoch bisher durch die speziellen Erfordernisse, die die SR
hierbei stellt (große Probenvolumina, hydrostatische Druckverhältnisse),
erschwert. Die in Kapitel
beschriebene Hochdruckanlage wird diesen
Anforderungen gerecht, und macht somit auch dieses experimentelle Gebiet
der
SR-Meßmethode zugänglich.
Nach den ersten Hochdruck-SR-Messungen an den ferromagnetischen
3d-Übergangsmetallen Fe, Co, Ni [But 87], wurden Experimente
am Seltenen-Erd-Metall Gadolinium begonnen [Har 90b],
[Mut 93a], [Mut 93b] und im Rahmen dieser Diplomarbeit
fortgeführt.
Im Gegensatz zu den 3d-Übergangselementen können
die Seltenen Erden aufgrund der inneren, von den 5s5p5d6s-Elektronen
abgeschirmten 4f-Elektronen als Träger des magnetischen Moments,
relativ gut durch das Modell des lokalisierten Magnetismus mit indirekter
(RKKY-) Austauschwechselwirkung beschrieben werden.
Aufgrund des großen Orbitalmoments der 4f-Elektronen sind sie
darüberhinaus
durch eine große, magnetische Anisotropie ausgezeichnet (Kap. ).
Gadolinium bildet mit einer halbgefüllten 4f-Elektronenschale
den Übergang zwischen leichten und schweren Seltenen Erden.
Wegen des kugelsymmetrischen S
Grundzustandes
besitzt es eine vergleichsweise geringe
magnetische Anisotropie, die jedoch im ferromagnetischen Bereich
eine starke Temperaturabhängigkeit aufweist:
Direkt unterhalb der Ordnungstemperatur K
ist die Richtung der spontanen Magnetisierung
(ferromagnetic easy axis) parallel zur hexagonalen c-Achse orientiert.
Bei
K dreht sie sich rasch von der c-Achse weg,
erreicht einen maximalen Drehwinkel
für
K, und dreht sich bei weiterer Temperatursenkung
auf den Endwert von
zurück, den sie
bei
K erreicht (Abb.
).
Die Ursache dieses Verhaltens sollte im Wechselspiel von Austausch-
und Anisotropieenergie liegen, konnte jedoch im Detail noch nicht
geklärt werden.
Diese Spindrehung kann über das Zusammenwirken von isotropem Kontaktfeld
und anisotropem Dipolfeld am Zwischengitterplatz des Myons
verfolgt werden. Da sowohl Austausch- als auch Anisotropieenergie vom
interatomaren Abstand abhängen und die SR-Meßmethode überaus
sensitiv selbst für geringe Änderungen der Spinanordnung ist, könnte
die Untersuchung der Spindrehung unter Anwendung äußeren,
hydrostatischen Drucks einen Beitrag zur Aufklärung dieses Verhaltens
liefern (Kap.
).
Im paramagnetischen Bereich von Gadolinium beobachtet man selbst weit
entfernt vom magnetischen Phasenübergang kurzreichweitige,
magnetische Ordnung (Spin-Cluster), deren thermische Fluktuationen
bei Annäherung an die ferromagnetische Ordnungstemperatur
zunehmend langsamer werden (Critical-Slowing-Down).
Außerdem gewinnen dabei dipolare Wechselwirkungen an Gewicht und
stören die anfängliche Isotropie der Austauschwechselwirkung
(Dipolar-Cross-Over).
Beide Effekte konnten durch SR-Messungen sichtbar gemacht werden
und sollten nun auf eventuelle Druckabhängigkeiten
untersucht werden:
Denkbar wäre einerseits die Verschiebung des Übergangs zwischen
isotroper und dipolar bestimmter Wechselwirkung sowie andererseits
eine Beeinflussung der Spinfluktuationsrate.
In Kapitel
werden hierzu einige Daten vorgestellt.
Sie stellen die ersten
SR-Messungen im paramagnetischen Bereich
unter äußerem Druck dar und zeigen, daß derartige Untersuchungen
möglich sind und die gewünschte Trennung der Effekte erlauben.
Der Datensatz ist allerdings noch zu gering für weitreichende Aussagen.